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Lo siento, no lo comprendo - oder: Bachata-Tanzen mit Einheimischen

Meine Mitbewohnerin in Villajoyosa hat sich in der Tanzschule gegenüber angemeldet. Zweimal die Woche kommt sie abends freudestrahlend, glücklich und zufrieden zurück nach Hause vom Bachata-Tanzen. Neben dem Tanzen gefällt ihr vor allem, dass sie dort endlich Kontakt zu Einheimischen hat. Mehr als Grund genug, dass ich auch ich versucht habe, das Tanzbein zu schwingen. Ein Selbstversuch. 

(C) Jan Goller (http://newsfromjan.wordpress.com)
(C) Jan Goller (http://newsfromjan.wordpress.com)

Ursprünglich ist Bachata ein Musikstil, einer von vielen Stilen der romantischen lateinamerikanischen Gitarrenmusik. Die Musikrichtung kommt aus der Dominikanischen Republik. Nach und nach verschmolzen immer mehr Einflüsse aus anderen Musikstilen im Bachata, wie zum Beispiel Merengue. Das Tempo wurde schneller und dynamischer und Bachata entwickelte sich zu einem Paartanz. Auf Wikipedia liest sich dazu: "Die Schrittfolge ist sehr einfach". Aber ob dem wirklich so ist?

 

Die lauten, rhythmischen Gitarrenklänge schallen uns schon beim Näherkommen aus der Tanzschule "Salsa Paraís" entgegen. Lautes, spanisches Stimmengewirr füllt den Raum zusätzlich. Ich blicke mich um: Die meisten Kursteilnehmer sind Einheimische der Generation 50+, die sich strahlend umblicken, als zwei junge Mädels eintreten. Mein blick bleibt an der Tanzlehrerin hängen, die gerade dem einzigen Teilnehmer in unserem Alter irgendwelche kompliziert aussehenden Schrittfolgen und Figuren zeigt. "Mannomann, kann die ihren Körper bewegen!", ist gleich mein erster Gedanke. Während sich ihr Oberkörper geschmeidig nach links dreht, wackeln Hüfte und Popo fröhlich in die andere Richtung. Doch ich habe keine Zeit mir Sorgen zu machen, vor mir steht ein kleiner, rundlicher Spanier mit dicken Brillengläsern, hinter denen dunkle Augen aufblitzen. Da ich keine Ahnung habe, was ich tun soll, lasse ich bereitwillig zu, wie er sich meine Hände schnappt und mir eine auf sieine Schulter und die andere an die Hüfte legt. Sehen, was die beiden Tanzlehrer machen, kann ich nicht, denn alle Frauen stehen mit dem Rücken zu ihnen - der Mann führt. "Das kann ja was werden", denke ich noch, während ich völlig ahnungslos und verzweifelt versuche, meinen Kopf nach hinten zu drehen. Energisch dreht mich mein Tanzpartner wieder zu sich, seine tiefe Stimme brummt mir irgendetwas zu, doch die Musik ist so laut, ich kann ihn nicht verstehen. Sprachbarriere olé! Ich versuche nicht allzu sehr auf die anderen Tanzpaare zu achten, aber ich fühle mich schrecklich. Ich komme absolut gar nicht in den Rhythus hinein, verwechsel ständig rechts mit links und umgekehrt und trete so erfolgreich auf den Füßen meines lachenden Tanzpartners herum. Was vielleicht auch an den falschen Größenproportionen liegt. Ich bin zwar mit meinen 1,62 Metern kein Riese, aber mein Gegenüber ist noch etwas kleiner... 

Das Lied ist zu Ende und wir wechseln den Tanzpartner. 

 

Mein nächster Tanzpartner ist zwar immerhin größer, aber auch leider ziemlich motiviert. Während ich langsam die Grundschritte beherrsche, ohne über meine eigenen Füße zu fallen, und hoffnungslos und wenig erfolgreich die komplizierten Drehfiguren versuche, denkt sich mein Gegenüber einfach neue Drehungen aus. Hilfe! Es kommt wie es kommen muss und ich stehe mit hochrotem Kopf, lachend und peinlich berührt zwischen all den tanzenden Paaren und weiß nicht weiter. Aufmunternde Laute von allen Seiten, doch ich schüttel verzweifelt den Kopf. Wie peinlich! Immer wieder sage ich den einzigen spanischen Satz, der mir der einzig richtige erscheint: Lo siento, no lo comprendo - entschuldigung, ich verstehe das nicht. Beherzt packt mich der Tanzlehrer an der Hüfte und die nächsten drei Minuten habe ich endlich das Gefühl, vielleicht doch nicht ganz verloren zu sein. Energisch und bestimmt schiebt er mich über die Tanzfläche, ich habe gar keine Wahl, als es richtig zu machen. Mit der richtigen Führung klappt es scheinbar doch. Trotzdem bin ich erleichtert, als die 60 Minuten um sind und meine Mitbewohnerin und ich uns auf den Heimweg machen. In Zukunft bleibe ich dann doch lieber in sicherer Entfernung und beobachte das Spektakel von unserem Balkon aus. 

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