Antonella Ciccotto (26 Jahre) aus Bergisch Gladbach hat sizilianische Wurzeln und feiert ein deutsch-sizilianisches Weihnachtsfest mit ihrer Familie. Was da an Speisen auf den Tisch kommt, wer die Geschenke bringt und welche Unterschiede es zu Deutschland gibt, das hat sie im Interview erzählt.
Wann feiert man auf Sizilien Weihnachten?
Auf Sizilien feiert man am 24. Dezember gemeinsam mit der Familie die Geburt Jesu - so wie in Deutschland auch. Anders als ich ist meine Mama auf Sizilien aufgewachsen und hat dort auch einige Weihnachtsfeste verbracht. Traditionell isst man auf Sizilien Baccalà, das ist Stockfisch. Der Stockfisch ist hart und in Salz eingelegt und muss erst mal auftauen bzw. weich werden. Durch das Salz ist der Fisch lange konserviert. Daran merkt man, dass das ursprünglich eine Art „arme Leute Essen“ gewesen ist. Das ist vergleichbar wie Kartoffelsalat mit Würstchen in Deutschland. Dazu gab es Salsiccia, italienische Bratwurst und Artischocken. Damit ist meine Mutter zu Weihnachten groß geworden.
Meine Mutter macht uns an Weihnachten bis heute Baccalà, aber eigentlich isst das niemand gerne. Die Einzige, die sich tatsächlich darauf freut, ist meine Mama. Meinem Bruder und mir ist das einfach viel zu salzig. Salsiccia gib es heute meistens auch noch, ist aber kein Muss.
Und was kommt bei euch am Weihnachtsabend noch alles auf den Tisch?
Anders als bei meiner deutschen Schwiegerfamilie gibt es kein klassisches Menü mit Vorspeise, Hauptspeise und Nachtisch. Bei uns ist das alles etwas lockerer, es werden wie an einer Tafel Unmengen an Essen aufgetischt. Wir arbeiten da sehr viel mit diesen Warmhaltebehältern. Es gibt immer viel Antipasti als Vorspeise. Was da auf gar keinen Fall fehlen darf ist der Tintenfischsalat, Pulpo, der wird jedes Jahr morgens ganz frisch gekocht. Meine Mama und ich stehen an Weihnachten ab morgen um 6 Uhr in der Küche und das erste, was kocht, ist wirklich der Tintenfisch. Außerdem gibt es jede Menge Gerichte als Hauptspeise, das kann genauso ein richtiger Braten wie gefülltes Hähnchen sein, auf jeden Fall gibt es immer ein Fischgericht, meistens gefüllte Dorade – zusätzlich natürlich zu dem traditionellen Baccalà. Nachtisch bleibt da allerdings meistens liegen, das schaffen wir tatsächlich einfach nicht mehr. In der Regel gibt es Panettone, diesen trockenen Kuchen, auf den Zucker kommt. Der wird dann zum Abschluss noch aufgeschnitten, so wirklich mögen tut den eigentlich bei uns auch niemand, aber irgendwie ist es eben Tradition.
Wann gibt es denn bei euch die Geschenke?
Die Weihnachtsgeschenke gibt es immer erst am Morgen vom 25. Dezember. Als meine Mutter und ihre Geschwister älter waren, durften sie bis nach Mitternacht aufbleiben und konnten so die Geschenke schon etwas früher, also in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, auspacken. Diese Tradition hat meine Mama mit nach Deutschland gebracht, denn so kenne ich das von klein auf auch. Und auch als ich älter wurde, vielleicht zehn Jahre oder so, durften wir lange aufbleiben, um unsere Geschenke schon nachts auszupacken. Traditionell bringt bei uns auf Sizilien der Weihnachtsmann die Geschenke, auf Italienisch heißt er Babbo Natale.
Im katholischen Italien spielt doch sicher die Kirche eine große Rolle, oder?
Lustiger Weise bin ich die Einzige, die gerne in die Kirche geht an Weihnachten, der Rest meiner Familie geht nicht gerne. Meine Mutter musste als kleines Mädchen aber natürlich auch in die Kirche gehen, weil das meinem Opa sehr wichtig war, meiner Oma eher nicht. Als Kinder gingen sie noch tagsüber, als sie Teenager waren mussten sie tatsächlich in die Mitternachtsmesse.
Wie sieht es mit Weihnachtsmärkten auf Sizilien aus?
Weihnachtsmärkte gibt es nicht nur dieses Jahr nicht auf Sizilien, sondern generell nie. Ich kann mir vorstellen, dass es in Norditalien welche gibt, das weiß ich aber nicht. Auf Sizilien gibt es jedenfalls keine. Meine Freunde und Familie dort unten finden unsere deutsche Weihnachtsmarkttradition aber sehr schön, ich verschicke jedes Jahr viele Fotos.
Gibt es weitere Unterschiede zwischen Deutschland und Sizilien?
Ein großer Unterschied, der mir aufgefallen ist: In Deutschland haben alle einen echten Weihnachtsbaum, in Italien stellen alle richtig festlich, fast kitschig geschmückte Plastikbäume auf. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es dort im Süden einfach zu warm ist. Eigentlich sind da im Winter milde 10 Grad, aber was für uns normales Herbstwetter ist, ist für die Sizilianer richtig kalt. Vielleicht gibt es auf Sizilien auch einfach keine richtigen Tannen. Ein weiterer Unterschied ist, dass wir Nikolaus nicht am 6. Dezember feiern, sondern vom 5. auf den 6. Januar. Dann kommt La Befana (dt.: die Hexe) und bringt dir, wenn du artig warst, Geschenke.
Danke dir, liebe Antonella! In diesem Sinne: Bleibt alle artig, damit euch der Babbo Natale und Befana reich beschenken – und natürlich buon Natale!
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