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Buchrezension: Vom Glück zu Reisen

Wo liegt das Paradies? Bin ich ein echter Abenteurer? Warum ist der Strand auf Instagram schöner als in Wirklichkeit? All diesen Fragen geht Philipp Laage in seinem Reisehandbuch "Vom Glück zu Reisen" nach. (Selbst)Kritisch und häufig auch mit einem Augenzwinkern setzt sich Laage mit dem Thema Reisen in unserer medialen Zeit auseinander und schaut, wie sich das Reisen verändert hat. [Werbung, da Rezensionsexemplar]

Man muss kein Reiseblogger sein, um das Gefühl zu bekommen: Alle reisen ständig und immer weiter. Vor allem Instagram wird man den ganzen Tag mit wunderschön (inszenierten) Reisebildern geflutet. Wer seinen Instagramfeed, pardon, seinen Lebenslauf mit den Top Spots der Reisewelt aufpeppen will, klappert "Selfie-Spots" und die "instagramfähigsten Orte" ab - allerdings am besten mit dem Rucksack und nicht mit dem Koffer, eben wie ein echter Abenteurer. Das ist Reisen heute. Oder nicht? 

Philipp Laage hat sich mit dem Thema in seinem Reisehandbuch "Vom Glück zu Reisen" gewidmet und analysiert vor allem die These unserer heutigen Zeit sehr kritisch: Wer reist, ist glücklich (er als alle anderen). Und zeigt: Eine Reise ist am Ende eben nicht nur paradiesisch. Und zwar nicht nur, weil der Strand auf Instagram dank Bildbearbeitung viel schöner ausgesehen hat, sondern auch, weil Reisen auch Einsamkeit oder "schmucklose Zimmer, eine durchgelegene Matraze oder Aspirin Forte" sein kann. Doch dass über die spitzgesagt "Schattenseiten" des Reisens meist nicht berichtet wird, schon gar nicht auf Social Madia. Laage ist selbst auf der Welt viel herum gekommen und gibt zu: Reisen sind nicht immer nur Glückserlebnisse, denn auch er war zu unmotiviert, sich etwas anzuschauen oder ließ sich zu viel Geld für etwas aus der Tasche ziehen - Touristenfalle. Er beschreibt ein Phänomen, dass ich selbst schon an mir festgestellt habe: Man sieht sich etwas an, das man von Instagram kennt, nur um selbst ein Foto zu machen - für Instagram - und so stellt er auch die Frage: "Was würde ich auf Reisen tun, wenn ich keine Fotos davon machen könnte? Welche Orte wecken wirklich meine Neugier?"

Klingt alles sehr negativ, ist aber gar nicht so gemeint! Laage nimmt lediglich alles etwas kritischer unter die Lupe und zwingt den Leser so, sein eigenes Reiseverhalten zu analysieren. Als Reisejournalist unterstreicht Laage seine Aussagen mit unterhaltsamen Anekdoten eigener Reisen, eigenen kritischen Reflexionen, Zitaten und Studien. Inhaltlicher Schwerpunkt liegt vor allem auf Social Media, dem Übertourismus und dem Unterschied zwischen dem "Traveler" und dem "Pauschaltouristen". Weitere Themen sind außerdem auch, inwieweit und ob überhaupt Reisen bei der eigenen Identitätsfindung hilft, wie authentisch geführte Abenteuerurlaube noch sind und Sicherheit auf Reisen sowie das aktuell viel diskutierte Thema Fliegen bzw. Billigflieger. An vielen Stellen hebt Laage mahnend den Zeigefinger - vom Reisen abhalten will er auf keinen Fall, nur Denkanstöße zum heutigen Reiseverhalten liefern. Am Ende kommt, wie ein kleines bisschen erwartet, der Aufruf: "Auf nach Hause, hinaus in die Welt!"

 

Zum Thema Erwartungen: Erwartet habe ich von diesem kleinen handlichen Buch im Taschenbuchformat ein bisschen etwas anderes. Ich wollte authentische Reiseerlebnisse, Anekdoten in Umgangssprache, Tipps und Lebenseindrücke und auch ein kleines bisschen eine kritische Auseinandersetzung mit sich selbst. Von allem ist auf jeden Fall etwas dabei, Tipps vielleicht eher weniger, eher Denkanstöße, aus denen sich Tipps ableiten lassen. Das etwas andere Reisehandbuch liest sich trotz aller authentischen Beispiele an vielen Stellen doch eher wie ein Fachbuch, dass mir sehr gut bei meiner Bachelorarbeit (Titel: "Zwischen Blog, PR und Journalismus - Rolle und Entwicklung des Ressort 'Reisejournalismus'") geholfen hätte. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Werk, es ist keine einfache Bettlektüre. Und das will es auch nicht sein. "Vom Glück zu Reisen" von Philipp Laage ist ein etwas anderes Reisehandbuch, das sich kritisch mit der Veränderung des Reiseverhaltens u.a. durch die Digitalisierung auseinandersetzt, Denkanstöße liefert sowie den Mythos Reisen ein bisschen entromantisiert und zeigt: Nicht jeder ist immer nur auf Reisen, nicht jeder der reist ist glücklich und doch gibt es nichts Schöneres, als das Reisen.

 

Wer auf Reisetipps und Wohlfühllektüre steht, der sollte die Finger von dem Buch lassen. Wer gerne reist, sich wirklich für die Vielfalt des Reisens und kritischen Auseinandersetzungen interessiert, vielleicht auch noch etwas lernen möchte, für den ist "Vom Glück zu reisen" ein absolutes Muss! Für Fans von qualitativen Büchern übrigens auch! Mich begeistert vor allem die Haptik des Bucheinbands, das dicke Papier und die Farbgestaltung der Bilder zu Anfang eines jeden Kapitels. 

"Vom Glück zu Reisen – Ein Reisehandbuch" von Philipp Laage ist im Reisedepeschen Verlag erschienen und kostet 19,50€. Das Vorwort gibt es als Leseprobe hier zum rein lesen

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